Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

101 AUS DEM LEBEN VON WERNER SCHUH Mit Frau Meising (4.v.r.) in deren Garten, um 1952/53. Werner Schuh links stehend die für einen Wechsel in den Westen zu bewältigenden Pro- bleme. Zunächst zieht daher nur seine ältere Schwester Christa zu den Großeltern. Erst ein Jahr später, als mit den beiden deutschen Staatsgründungen auch eine stärker bewachte Grenze und damit eine Abschottung zwischen Ost und West bedrohlich akut werden, folgt der Rest der Familie unter aben- teuerlichen Umständen. „Wir sind mit dem Bauern arbeiten gegangen an der Grenze“, schildert Werner Schuh das Fluchtszenario. „Bis an die Grenze hatten die ja Felder. Wir haben aufgepasst, dass die Grenzer nicht kamen, und dann sind wir rübergegangen. Da waren wir weg.“ Allerdings sei vor allem ihm der neuerliche Umzug nicht leichtgefallen, räumt er ein, denn in den vier Jahren in Lindenau habe er gute Kontakte zu Gleichaltrigen aufgebaut und intensiv gepflegt. Noch bis heute hält er den Kontakt zu seinen ehema- ligen Klassenkameraden. „Die meisten waren uns wohlgesonnen.“ – Aufnahme in Jüchen Die Aufnahme im Hause Meising in Jüchen fällt nach der Erin- nerung Werner Schuhs „sehr herzlich“ aus. Die Meisings hätten ein großes Haus mit eigenem Park bewohnt. Zwar sei es dort nach Ankunft der vierköpfigen Familie enger geworden, aber wegen des Entgegenkommens von Frau Meising - ihr Mann ist zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, der Sohn im Krieg um- gekommen - habe man nicht nur umräumen, sondern sogar noch ein Zimmer ans Haus anbauen können. Der Aufenthalt habe mit einem großen Problem begonnen, denn der Jüchener Bürgermeister habe sich zunächst gewei- gert, Familie Schuh eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. „Obwohl die Frau Meising öfter da war, hat er die uns einfach

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