Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

180 DIE RAHMENBEDINGUNGEN: PROBLEME DER AUFNAHMEREGIONEN die in der Tradition der Selbsthilfe stehenden Baugenossenschaften großen Zulauf, der die gesellschaftliche Grundstimmung dieser Jahre widerspiegelte: Die soziale und wirtschaftliche Entwurzelung großer Teile der Bevölkerung, die sich in einer nivellierten Notge- sellschaft wiederfanden, ließ den Wunsch nach Geborgenheit, neuer Heimat, Familienglück und Besitz rapide wachsen. Ange- sichts einer solchen Stimmungslage bot der traditionell auf dem Selbsthilfeprinzip aufbauende gemeinnützige Wohnungsbau eine vielversprechende Zukunftsperspektive. Das galt ganz besonders für die hauptsächlich im ländlichen Raum tätige Kleinsiedlerbewegung, deren Popularität in einer wah- ren Gründungswelle von gemeinnützigenWohnungsbauunterneh- men zum Ausdruck kam. 215 Für deren Träger – Kirchen, Heim- stätten 216 und Wohnungsbaugesellschaften – spielten soziale und gesellschaftspolitische Erwägungen eine große Rolle. Einerseits sollte die Familie als Lebensform unterstützt und stabilisiert wer- den, zum anderen sahen die Verantwortlichen im Kleinsiedlungs- bau aber auch eine erfolgversprechende Möglichkeit, Flüchtlinge auf dem Land anzusiedeln und so denWohnungsmarkt der kriegs- zerstörten Großstädte zu entlasten. In ländlichen Regionen, so die Grundannahme, gebe es ausreichend Bauland und Material, um jeder Familie zumindest zu einer bescheidenen Behausung zu ver- Bau von „Volkswohnungen“ in Lippstadt, April 1951

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