Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

20 AUS DEM LEBEN VON FRITZ STÖCKEL kommen lassen, der hatte dem Mann mächtig zugesetzt. Noch in der Zeit, wo bald der Zusammenbruch sichtbar war. Ich hatte auf dem Hof öfter etwas zu erledigen. Sie machte mir öfter eine Materialfuhre für den Leitungsumbau. Der Pole machte die Fuhre, ich gab immer ein kleines Trinkgeld, er war immer sehr behilflich. Er sprach perfekt Deutsch. Er klagte mir mal sein Leid, die Behandlung und das Essen. Ich hatte Gelegenheit mal mit der Frau über die Polen zu sprechen, auch über Folgen die mal entstehen könnten. Der Zusammenbruch stand vor der Tür. Leider war ihr Glaube an den Endsieg größer als die Ver- nunft, sie war eine große Hitler-Anhängerin. Die Zeit der Po- lenherrschaft war da. Den Hof übernahm der Pole, wurde auch noch Bürgermeister in dem kleinen Ort. Die Frau musste nun die Magd spielen, mit vielen Schikanen musste sie jetzt alles ertragen. Ich musste auf den Hof kommen, etwas reparieren. Mir gegenüber war der Pole sehr freundlich. Die Frau bat mich, ohne Wissen des Polen, ich möchte mal für sie ein gutes Wort bei dem Polen einbringen. War fertig mit den Arbeiten, der Pole bat mich noch zum Essen. Bekam auch etwas Butter, Quark und 1 Brot geschenkt. Er sagte, sie sollen nicht hungern, sie waren immer ein Mensch auch uns gegenüber, sollten sie mal Not haben, können sie jederzeit kommen. Ich sprach ihn wegen der Frau an. Er sagte mir, er hätte mehre Jahre unter ihrer Be- handlung gelitten, etwas müsste sie auch erdulden, er treibe es nicht zu böse mit ihr. Was sollte ich dazu sagen? Es kamen immer mehr Polen und besetzten die Häuser. Am 22.6.1945 erfolgte von der örtlichen Behörde eine wilde Aus- treiberei von uns Deutschen. Man wollte uns über die Neiße treiben. Am Dorfende wurden aus dem Zug viele Deutsche wieder herausgeholt, auch ich. Sie brauchten uns noch zum Arbeiten. Wir mussten auf einer Wiese am Dorfende übernach- ten, dort wurden wir von Polen ausgeplündert. Am andern Mor- gen schlugen wir uns nach Hause durch. Nur ein geringer Teil war über die Neiße gegangen. Sie kamen alle wieder zurück. Unsere Wohnung war etwas durchwühlt, war aber soweit noch in Ordnung. Wir fanden uns alle wieder zusammen, die bei mir beschäftigt waren. Das Schlimmste war, wenn die Polen be- trunken waren, da musste man sehen, dass man nicht in ihre Hände kam. Die Polen und Russen konnten sich nicht vertragen. Da gab es manchmal Krach, sogar geschossen wurde. Die Fritz Stöckel (2.v.r.) mit seiner Belegschaft in seiner Werkstatt in Langenöls, um 1939

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