Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen
246 VOR ORT: JÜCHEN NACH 1945 bäude und der Schulhof hierselbst sind in Stand gesetzt. Zwei große Klassenräume und das Lehrerzimmer haben nun wieder ihren alten Stand. Die Wände ziert wieder ihr früherer Wand- schmuck mit den religiösen Bildern, die ich wie die Kruzifixe der Schule auch in meinem Hause verwahrt hatte.“ 343 Dass die Ausgangslage keineswegs so gut war, geht aus einem Bericht hervor, den die Kreisverwaltung (vermutlich) im Früh- jahr 1947 über „Das Erziehungswesen im Landkreis Greven- broich“ erstattete. Seit am 15. August 1945 die Volksschulen im Kreisgebiet „schlagartig eröffnet“ worden seien, so hieß es, hätten sich die Probleme gehäuft. „Allenthalben musste impro- visiert werden, denn es fehlte schlechthin an allem.“ Immerhin würden die meisten Kinder nach monatelangem Unterrichts- ausfall seitdem wieder zur Schule gehen, wenn auch häufig „ohne Heft und ohne Tafel“. 344 Sonst lag aber nahezu alles im Argen. Am 6. März 1947 berichtete der Grevenbroicher Schulrat an das britische Rote Kreuz über die „Schulverhältnisse in meinem Aufsichtsbezirk“, zu dem auch Bedburdyck, Garzweiler, Hoch- neukirch und Jüchen zählten. Von insgesamt 9.762 schulpflich- tigen Kindern erhielten zu diesem Zeitpunkt lediglich 727 „vol- len Unterricht“, während 2.705 lediglich rund 50 Prozent, den restlichen 6.330 Kinder ein noch geringerer Anteil der Pflicht- stunden erteilt wurden. Als Ursache für den immensen Unter- richtsausfall benannte der Schulrat den Umstand, dass von den insgesamt 60 ihm unterstehenden Volksschulen sieben mit 21 Klassenräumen wegen Reparaturbedürftigkeit noch gar nicht bezogen seien. Auch alle übrigen Schulen seien erst „notdürftig repariert“. „Es fehlen die notwendigsten Lehr- und Lernmittel, es fehlen rd. 2.500 Sitzplätze, die Abortanlagen sind meist nur als äußerster Notbehelf zu gebrauchen.“ 345 Eine schnelle Verbesserung der vielerorts höchst unerfreulichen Situation war indes nicht zu erwarten. So war im Rahmen einer Sitzung des Flüchtlingsausschusses der Nord-Rheinprovinz am 26. August 1946 zwar ein durch den Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen noch weiter verschärftes „Schulproblem“ konstatiert worden. Insbesondere in kleinen Gemeinden, so wurde festgestellt, hätten sich die Verhältnisse derartig zugespitzt, dass „ein Lehrer 70-80 Kinder verschiedenen Alters unterrichten muss“. Allerdings sahen die Verantwortlichen keinerlei Spielräume, um die Lage zu verbessern. Stattdessen wurde am Ende der Sitzung beschlossen, dass die Schulfrage angesichts der dramatischen und als vorrangig eingestuften Probleme bei der Unterbringung und Versorgung der heranströmenden Flüchtlinge und der damit „bevorstehenden Ka- tastrophe“ zunächst hintangestellt werden müsse. 346 Damit sahen sich die ohnehin zumeist schon über alle Maßen belasteten Kommunen weitgehend allein mit den Aufgaben kon- frontiert, die es hinsichtlich einer auch nur halbwegs akzeptablen Beschulung der Kinder und Jugendlichen in Angriff zu nehmen galt. Desolate Schulgebäude Das begann mit den Schulgebäuden, die – wie auch dem Bericht des Schulrats zu entnehmen - aufgrund kriegsbedingter Sanie- rungsstaus, sachfremder Nutzung durch Wehrmacht und andere Verbände oder als Vorratsspeicher sowie Beschädigungen und Zer- störungen durch den Bombenkrieg und die Kämpfe in der Phase der Besetzung in oft bemitleidenswertemZustand waren. Nach Be- endigung der Kampfhandlungen und des Krieges machte man sich eher zaghaft an eine Verbesserung der Zustände, und auch nach der Die katholische Volksschule in Bedburdyck, um 1941 Die katholische Volksschule in Hochneukirch, um 1959
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