Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen
330 VOR ORT: ANPASSUNG ODER INTEGRATION? lemwerden durch Siedlungsbauten unsereWohnraumschwierigkeiten etwas behoben, sodass diese Neubauten indirekt der gesamten Ge- meinde zu Gute kommen. Denn dort, wo ein alter Siedler auszieht, wird ja wieder eine Wohnung für einen anderen frei.“ 597 Die Standortwahl für die neue, zunächst auf 60 bis 70, später 81 Siedlerstellen und 100 „Volkswohnungen“ ausgelegte Siedlung 598 hatte man sich nicht einfach gemacht. „Wegen des städtebaulich uneinheitlichen Gefüges der Gemeinde wurde ein eigener Sied- lungskörper zwischen dem Sportplatz und dem schönen, parkähn- lichen neuen Friedhof im Süden des Ortes, verkehrsmäßig günstig und nahe demMarktplatz und Bahnhof gelegen, vorgesehen.“ Die zunächst auf 1.000 bis 1.250 Quadratmeter ausgelegten Bauplätze wurden im Laufe der Planungen aber noch auf 800 Quadratmeter verkleinert. 599 Plan der „Kleinsiedlung“ Hochneukirch, 1950 mieten eingerichtet oder nicht dafür gebaut worden. Unsere Gemeinde war auch schon vor dem Kriege, bevor der Flüchtlingsstrom hier ein- wanderte oder die Bombengeschädigten und Evakuierten hier Obdach suchten, sehr knapp mit Wohnraum bemessen. (…) Bedingt durch diese Wohnraumenge ergeben sich Streitigkeiten, die dann das Woh- nungsamt schlichten soll bezw. oft über den Schiedsmann bis zum Gericht vorgetrieben werden. Der Endeffekt ist dann, der eine oder andere Teil muss eine andere Wohnung haben, wodurch die Liste der Wohnungssuchenden wieder um einen Kandidaten vergrößert wird. Genauso geht es mit den jungverheiratetenMenschen, die zum Teil bei den Eltern oder Schwiegereltern wohnen. Erst begnügt sich das junge Ehepaar mit einem Zimmer, aber über kurz oder lang sind diese Wohnraumverhältnisse dann ungenügend und der Ruf nach einer neuen Wohnung wird akut. Ferner kommt noch hinzu, dass Flüchtlingen, die aus dem Lager vorläufig in Einzelzimmern untergebracht wurden, dieser Wohnraum auch zu eng wird und sie auch das verständliche Bedürfnis haben, eine größere Wohnung zu beanspruchen. Die Wohnungskommission und das Wohnungsamt sind bemüht, all diesen armen Menschen gerecht zu werden, aber es geht nicht mehr. Was wir brauchen, sind abgeschlossene 2- und 3- Zimmerwohnungen. 1 Zimmer wäre hier und da noch zu beschlag- nahmen, aber die nutzen uns nichts, wir brauchen mehr und größeren Wohnraum. (…) Es gibt nur eines „Bauen und noch einmal Bauen“. In der folgenden Ausgabe wurde dann „Unser Siedlungs-Pro- gramm!“ näher vorgestellt. Nachdem sich die katholische Kirche und die „Ortsbauernschaft“ grundsätzlich bereit erklärt hätten, seien „monatelange“ Verhandlungenmit den Landbesitzern geführt worden, bis man durch Austauschgrundstücke undWertausgleich in bar nun endlich Einigkeit erzielt habe. 596 Daraufhin sei umge- hend die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Siedlungsge- lände vergeben worden. „Wie stellt sich nun die Gemeinde die weitere Entwicklung vor?Wenn die Regierung den Bebauungsplan des Siedlungsgeländes genehmigt hat, werden die einzelnen Parzellen vermessen und damit ist dann die theoretische und praktische Arbeit der Gemeinde in dieser Sache der Landbeschaffung usw. beendet. Dann kommt die praktische Arbeit der Siedler.“ Auf die wartete laut Verlautbarung der Amtsverwaltung eine harte Zeit: „Dann noch ein Wort an die Siedler! Man stelle sich das Siedeln nicht so einfach vor. Jeder Siedler muss den eisernen Willen zum Ar- beiten und vor allem zumDurchhalten haben. Äußerste Sparsamkeit, Enthaltsamkeit auf allen Gebieten, nur mit dem einzigen Ziel: „Das Siedler-Häuschen“. Der Siedlungsgedanke hat das Ziel, die schaffende Bevölkerung, welche sich zur Siedlung bekennt, krisenfest und den mitsiedelnden Ostflüchtling wieder bodenständig zu machen. Vor al-
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