Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen
336 VOR ORT: ANPASSUNG ODER INTEGRATION? Aus dem Ausschnitt einer Karte vom September 2014 lassen sich die alten Standorte und die Neuansiedlungen der abgebaggerten Ortschaften ablesen. [Aus- schnitt) ImVerwaltungsbericht der Gemeinde Garzweiler für den Zeit- raum vom1. Januar 1951 bis zum31. Dezember 1957 – imÜbrigen dem ersten nach 1945 – konnte mit Blick auf das lokale „Bauwesen“ kein hoffnungsvoll stimmendes Bild gezeichnet werden. Die Bau- tätigkeit, so hieß es, lasse „laufend“ nach, weil – mit Ausnahme von Jackerath – keinerlei Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehen würden. Trotzdem hätten „noch eine Anzahl Wohnungsneubauten erstellt“ werden können. „Insgesamt wurden 22 Wohnhäuser neu errichtet, weiterhin 20 Umbauten zu Woh- nungen.“ So seien insgesamt 73 neue Wohnungen entstanden, die jedoch bei Weitemnicht zur Deckung des realen Bedarfs ausreichen würden. In der Gemeinde würden weiterhin rund 50Wohnungen fehlen. Dieser Bedarf konnte dann nie mehr völlig gedeckt werden, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass aufgrund der drohenden Umsiedlung die Bautätigkeit deutlich zurückging. So konnten in den drei Jahren zwischen 1958 und 1960 lediglich 17 neueWohnungen imRahmen des sozialenWohnungsbaus erstellt werden. 620 Angesichts der für den Jüchener Raum schon Ende der 1940er Jahre virulenten Gefahr eines umfassenden Braunkohletagebaus mit den dazu notwendigen Umsiedlungen gibt es sicherlich auch mit Blick auf die Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen lohnenswerte Fragestellungen. Schließlich wurden ja nicht nur Vertriebene erneut vertrieben, sondern nun auch die Einheimischen selbst zu „Vertriebenen“. Zwar siedelte man sie in unmittelbarer Nachbarschaft wieder an, aber dennoch mussten sie von Altge- wohntem dauerhaft Abschied nehmen. So wäre etwa zu fragen, inwieweit unter solchen Umständen die Integration von Flücht- lingen in den von Umsiedlungen bedrohten Dörfern vielleicht leichter gefallen sein könnte.
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