Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen
82 AUS DEM LEBEN VON HANNELORE BEULEN Resultierten Konflikte aus der Herkunft oder war die jeweilige konfessionelle Zugehörigkeit der entscheidende Punkt? Die harmlos daherkommenden „Banden“ jedenfalls, die die Jungen in Jüchen bildeten, definierten sich nach seiner Erinnerung über die Religion. „Da war man schon ein bisschen feindselig gegeneinander eingestellt.“ Für eine Dominanz des konfessio- nellen Aspekts spricht auch seine Feststellung, dass es in der evangelischen Schule keinerlei Ablehnung gegeben hätte. „Mit den einheimischen Evangelischen, da gab es überhaupt keine Probleme.“ Ein weiteres trennendes Element macht Gerd Bandemer im Qualifikationsprofil der Zugezogenen aus. Die einheimische Bevölkerung habe nicht nur geglaubt, dass da Fremde kommen würden, die ihr etwas wegnehmen würden, sondern schnell bemerkt, dass die Ankömmlinge „auch etwas konnten“. „Das waren keine Analphabeten. Im Gegenteil: Das waren sehr gut ausgebildete Leute“, die es schnell zu etwas brachten, „was den Einheimischen teilweise nicht gelungen ist“. Die seien es damals gewohnt gewesen, in einer Umgebung zu leben, die man aufgrund fehlender Mobilitäts- und Kommunikationsmög- lichkeiten zeitlebens kaum verließ. Die Abgeschlossenheit der Lebenswelten habe dann auch dazu geführt, Unbekanntes ab- zulehnen. „Man hat dann gesagt: ‚Ach, das sind die Flüchtlinge, und die bringen uns nichts Gutes.‘“ Solches mit Angst vor Neuem gepaartes Misstrauen habe sich teilweise auch auf die Kinder übertragen. Alles in allem habe man damals in Jüchen als Flücht- ling und Vertriebener „einen schweren Stand“ gehabt, lautet Gerd Bandemers Fazit seiner Kinder und frühen Jugendzeit. Gerd Bandemer 3.v.l. als Konfirmand mit seinen Eltern, Bruder Jürgen und seinen Schwestern Elvira und Hannelore (rechts), 1962
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