Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

139 DIE RAHMENBEDINGUNGEN: DIE LAGE IM WESTEN den sie auf die Arbeitsämter verteilt. Hier suchten sich die Bauern auf einer Art modernem Sklavenmarkt dann „ihren“ Zwangsarbeiter oder „ihre“ Zwangsarbeiterin aus, die sie mit auf ihren Hof nah- men. Über Unterkunft, Behandlung und Arbeitsbedingungen der in der Landwirtschaft eingesetzten Zwangsarbeiterinnen und Zwangs- arbeiter ist wenig bekannt. Insgesamt scheint es ihnen auf den Hö- fen besser gegangen zu sein als ihren in der Industrie eingesetzten Leidensgenossen, doch war das immer vom jeweiligen Arbeitgeber abhängig. Es wird in vielen Fällen wohl so gewesen sein, dass die auf Höfen eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte - verbotswidrig - mehr oder weniger eng „zur Familie“ zählten und auch entspre- chend behandelt wurden. Erleichtert wurde das dadurch, dass diese Form des Zusammenarbeitens und -lebens mit „Fremden“ amNie- derrhein nichts eigentlich Neues war. Ausländische Saisonarbeiter aus Polen oder den benachbarten Niederlanden zählten hier schon lange vor 1939 zum bäuerlichen Alltag, so dass im Krieg an diese traditionelle Form der Beschäftigung angeknüpft werden konnte. Überlieferte Beispiele menschlichenMiteinanders dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nahezu alle dieser Arbeitskräfte nicht freiwillig nach Deutschland gekommen waren. Zur schlecht bezahlten Arbeit gezwungen, wurden ihnen Bewegungsfreiheit und eine ungehinderte Teilnahme am öffentlichen Leben erschwert oder völlig verboten. Zur Grundlage der menschenverachtenden Marjika Picun aus der Ukraine (links) als Zwangsarbeiterin auf dem Krummen-Hof in Kleinenbroich. Rechts (vermutlich) ein auf dem Hof beschäftigter Kriegsgefangener.

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