Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

266 VOR ORT: FLÜCHTLINGE IN JÜCHEN markierte offenbar den Zeitpunkt, zu dem nun deutlich mehr Menschen den Niederrhein erreichten, so dass man sich an ver- antwortlicher Stelle veranlasst sah, die an Intensität zunehmende Flüchtlingsbewegungen im Kreisgebiet genauer zu erfassen. Am 20. Juli 1946 forderte der Oberkreisdirektor die ihm unterstellten Kommunen nämlich auf, ab sofort Listen sämtlicher ortsansässiger Flüchtlinge zu erstellen, die künftig wöchentlich umNeuankömm- linge zu ergänzen und jeden Montag auf dem Landratsamt einzu- reichen waren. Die ersten dieser Listen hatten am 29. Juli 1946 in Grevenbroich vorzuliegen. 404 Aus diesenDokumenten lassen sich die ersten konkreten Zahlen für unser Untersuchungsgebiet entnehmen. So umfasste die erste von der Gemeindeverwaltung Bedburdyck im Juli 1946 einge- reichte Liste 64 Namen, wobei allein 58 dieser Vertriebenen aus dem schlesischen Friedeberg stammten. Im August 1946 kamen dann 274 Personen dazu, im Oktober des Jahres allerdings nur noch zwölf. Unter den imAugust eintreffenden Personen befanden sich allein 21 Kinder im schulpflichtigen Alter. In der Chronik der evangelischen Volksschule Gierath heißt es hierzu: „Infolge der rücksichtslosen Ausweisung der Deutschen aus den von den Russen besetzten Ostgebieten treffen auch hier die Vertriebenen ein aus Ost- und Westpreußen und Schlesien und Pommern, aus- geplündert und elendig. Notdürftig werden sie hier untergebracht, 180 Flüchtlinge nehmen die Dörfer Gierath, Gubberath und Her- berath auf. 17 Kinder von ihnen, meist evangelisch, besuchen die Gierather Schule.“ 405 Garzweiler meldete am 29. Juli 1946 insgesamt 17 Flüchtlinge, die seit dem 2. Juli aufgenommen worden waren. Vom 29. Juli bis zum 4. August kamen 30 hinzu, die darauffolgende Woche dann 17 weitere. Allerdings waren allein in dieser Woche bereits 26 der Ankömmlinge in andere Gegenden weitergezogen. Vom 12. bis 18. August wurden 14 Zuzüge verzeichnet, in jener vom 19. bis 25. August dann allerdings 105 – unter ihnen auch Familie Ban- demer mit Tochter Hannelore, deren Lebensgeschichte hier eben- falls nachzulesen ist. Auch in der darauffolgenden Woche kamen immerhin 50 weitere Flüchtlinge in Garzweiler an, vom 9. bis 15. September nochmals 63. Danach trat eine deutliche Beruhigung ein. Vom 16. bis 22. September etwa zählte man nur zehn Neuan- kömmlinge, und vom 7. bis 13. Oktober lediglich eine Frau aus Oberschlesien. In denMonaten danach bewegte sich der wöchent- liche Zuzug bis in den September 1947 zumeist zwischen einer und vier Personen. Immerhin summierte sich deren Zahl im Dorf schließlich auf rund 280, von denen allerdings eine nicht genannte Zahl weiterzog. In Hochneukirch trafen zwischen dem 21. und dem 27. Juli 1946 zunächst 53 Flüchtlinge ein, denen in den Wochen darauf bis zum 31. August 27, 57, 48, 64 und 32, insgesamt also 228 wei- tere folgten, so dass innerhalb von sechs Wochen 281 Flüchtlinge Kostennachweise der Gemeinde Hochneukirch für „Flüchtlingsbetreuung“, 17. Juni 1946

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