Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

184 N ach den umfangreichen, für ein tieferes Verständnis lokaler Vorgänge aber unverzichtbaren allgemeinen Ausführungen zum Thema „Flucht und Vertreibung“ und zur jeweiligen Situation im Osten und im Westen Deutschlands bei Kriegsende gilt es nunmehr den Blick endlich auf die Lage „vor Ort“, also auf die Dörfer des heutigen Jüchener Gemeindegebietes zu werfen. Mit dem Perspektivwechsel von der Makro- auf die Mikroebene verändert sich zugleich auch die Grundlage, auf der die Ausfüh- rungen aufbauen: Wurde bislang vorwiegend auf Forschungslite- ratur zurückgegriffen, basiert die Untersuchung der Vorgänge in Jüchen und Umgebung auf der zumeist erstmaligen Auswertung von Quellen aus verschiedenen Archiven. Bei aller Konzentration auf die Ereignisse vor Ort müssen auch diese jeweils richtig einge- ordnet werden. Das ist oftmals nur vor dem Hintergrund allge- meinerer Entwicklungen und Anordnungen der höheren Ebenen – insbesondere der aufsichtführenden Kreisverwaltung – möglich. Daher gilt es in einigen Fällen auch hier wieder, zunächst diese Folie auszubreiten, um vor deren Hintergrund die Lage und das Handeln in den einzelnenOrten besser untersuchen und beurteilen zu können. Die Untersuchung musste auch im Lokalteil thematisch breit angelegt werden, um Lage und Behandlung der Flüchtlinge und Vertriebenen vor Ort besser verstehen zu können. So gilt es, das Leben unter der Besatzung ebenso zu skizzieren wie die Versor- gungslage der unmittelbaren Nachkriegszeit oder die jeweilige lo- kale Infrastruktur. Erst bei Berücksichtigung solcher, die allgemeine Lage und damit auch die Stimmung der Bevölkerung maßgeblich beeinflussender Aspekte können die Reaktionen auf die verschie- denen Flüchtlingswellen, die damit verknüpften Herausforderun- gen und die gewährten, aber natürlich auch die unterlassenen Hil- feleistungen angemessen beurteilt und eingeordnet werden. All das, was nicht vorhanden war, konnte naturgemäß auch nicht ver- Vor Ort: Jüchen und die Flüchtlinge Der Jüchener Bevölkerung wird während des Krieges auf dem Marktplatz demonstriert, wie sie Brandbomben bekämpfen soll: mit wassergefüllten Eimern, Sand und „Feuerpatsche“, undatiert

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