Rüther: Flüchtlinge und Vertriebene in Jüchen

216 DIE NACHKRIEGSZEIT IN JÜCHEN Der „Rheinische Hof“ am Jüchener Markt, um 1920 Besatzungsmacht Als Kind, so Irmgard Coenen, habe sie es als „hochinteressant“ empfunden, mit ihren Spielkameraden die Besatzungssoldaten am Jüchener Markt in dem von ihnen beschlagnahmten „Rhei- nischen Hof“ zu beobachten. Dort hat die Militärregierung ihre Büros, aber interessanter ist es für die Kinder, die in le- gerer Form auf den Fensterbänken sitzenden Soldasten zu betrachten – ein Verhalten, dass die in der streng militaristi- schen und hierarchischen NS-Zeit aufgewachsenen Kinder und Jugendlichen nicht kennen. „Das war alles so neu. Das war alles eine ganz neue und unbekannte Situation.“ Gefallen findet die gerade Zehnjährige an dem von ihr im negativen Sinne als „mildtätig“ und damit gönnerhaft empfundenen Ver- halten der Soldaten hingegen nicht. „Das war nicht so mein Ding, diese Schau abzuziehen.“ Insgesamt aber bietet die An- wesenheit der Besatzungstruppen gerade den Heranwach- senden zumindest etwas Abwechslung in der vorwiegend tris- ten Nachkriegszeit. Wenn auch unter sehr verschiedenen Vorzeichen empfin- den die beiden hierzu befragten Zeitzeugen die Besatzungs- zeit jeweils als prägend. Kontakte zu Angehörigen der Militär- verwaltung gibt es im Laufe der Zeit immer wieder auf unterschiedlichsten Ebenen. So lange zunächst die Amerika- ner, ab Mitte 1945 dann die Briten in Jüchen residieren, gehö- ren sie einfach zum Alltag hinzu. Man profitiert voneinander und lässt sich zumeist gegenseitig genügend Raum zum Le- ben. Hubert Knabben beteiligt sich mit Geschwistern und Be- kannten ganz selbstverständlich an diversen Transaktionen, bei denen auch Zigaretten als die bis Juni 1948 wichtigste „Währung“ eine Rolle spielen. Obwohl Irmgard Coenen „das alles nicht passte“, sagt auch sie zu den manchmal angebo-

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